Lesesessel-Details

Mädelsabend von Anne Gesthuysen

von Silke Richter

Kiepenheuer&Witsch ISBN-10: 3462051504

Eine Lebensgeschichte die hier am Niederrhein spielt

Das Leben ist ja manchmal voller Zufälle. Das erste Buch von Anne Gesthuysen hatte ich von Sandra ausgeliehen und es wartet auf seine Zeit. Und dann kam per Post aus Mannheim ein weiteres Buch- und siehe da, wieder ein Gesthuysen- wie gut das es Feiertage gibt…

Wieder nimmt uns Frau Gesthuysen mit in eine Lebensgeschichte die hier am Niederrhein spielt.
Beim „Mädelsabend“ begleiten wir Ruth in Ihrem Leben das in den letzten 80 Jahren unserer deutschen Geschichte spielt.

Ruth ist die Oma von Sara. Ruth hatte es nicht immer leicht im Leben, doch alles ändert sich schlagartig, als Sie mit ihrem Walter in das Senioren Stift zieht. Die Möglichkeit das Leben endlich zu genießen ist zum Greifen nahe.
In der Geschichte geht es auch um Sara, eine Geschichte von Heute übers das Thema: was kann und will Frau im Leben erreichen.

Wieder tanzen wir mit Ruth durch die letzten spannenden Jahrzehnte. Ruth erzählt uns warum Sie mit Walter verheiratet ist, und wie es so war in der Zeit, als sie als junges Mädchen in die Familie von Walter kommt. Und Mädels- das war kein Zuckerschlecken für Ruth. Da möchte keine von uns tauschen.

Wieder erleben wir, die damals wohl übliche? Bevormundung der Frauen durch ein Familienoberhaupt. Da muss frau beim Lesen schon mal die Luft anhalten. Für mich war es mit diesem zweiten Buch fast schon ein bisschen zu viel der Männerdominanz. Also wieder Kopfschütteln und Gemurmel im Lesesessel „Dieser Mistkerl von Schwiegervater…“ Auch Walter bekommt wenig Gummipunkte von mir.

Auch dieses Buch hat so seine ganz eigene Story und man möchte unbedingt wissen, ob Ruth sich emanzipiert und ihre Chance bekommt. Und auch bei diesem Buch fragt frau sich mehr als einmal, warum hat Ruth ihr Leben nicht selber in die Hand genommen? Warum erträgt sie ihren Walter und all die Enge im Dorf und drum herum. Noch während ich das hier schreibe- habe ich keine Antwort darauf- war es die Erziehung oder war es einfach Angst vor dem Leben?

Die Geschichte von Ruth und Sara ist inhaltlich nicht anknüpfend an das Buch „wir sind doch Schwestern“. Doch ich vermute mit einem typischen Niederrheinischen Zwinkern hat Anne Gesthuyen kleine Details ergänzt, die frau schon bei den „Schwestern“ ausführlicher gelesen hat.

Beide Bücher sind also vollkommen unabhängig von einander und es gibt keine Regel die da lautet: erst das, dann das. Vielleicht, so mein Tipp, lest nicht beide direkt hintereinander. Lasst den Geschichten mehr Raum.

Ich fand die Geschichte der Schwestern schöner, runder und bunter. Ruth lebt in einem viel kleineren Rahmen und sie hätte viel mehr Möglichkeiten gehabt, selbstbestimmt und glücklich zu leben. Doch Ruth erklärt uns dann in den letzten Kapiteln- warum Frau manchmal so gefangen ist, gefangen in den Umständen. Warum Frau nicht immer eigene Träume verwirklichen möchte. Sie hilft Sara zu erkennen, worin ihr Lebensglück liegt. Ruth beschreibt sehr schön, dass wir manchmal gar nicht mehr so richtig erkennen, worin unser Lebensglück wirklich liegt. Und Walter- ja der bekommt dann ganz am Schluss genau den richtigen Platz.

Die Geschichten von Anne Gesthuysen sind schöne Familiengeschichten und Unterhaltungslektüren, es sind definitiv keine Ratgeber oder feministische Aufwühler. Doch man ist mittendrin im Familienleben und frau macht sich dann doch Gedanken übers Leben und die vielen Farben die es bietet.

Also auch für diese Geschichte einen Daumen nach oben an Frau Gesthuysen.

ps
Danke an Sandra, es wird Zeit für einen Mädelsabend

Zurück